Als im November 1918 der Erste Weltkrieg vorüber war, ging ein Aufatmen durch die ganze Welt. 17 Millionen Menschen waren ums Leben gekommen, fast die komplette Industrie der europäischen Länder war auf Kriegsgeräteproduktion umgestellt worden und suchte nun nach neuen Möglichkeiten. Viele Unternehmen sahen im Automobil neue Hoffnungen und Chancen, jedoch erst nach der Hyperinflation im November 1923 und der Einführung der Rentenmark beruhigte sich die Lage in Deutschland, und die Wirtschaft erholte sich langsam. Auch in Halle (Saale) wurden die Rationierung des Benzins und die Zulassungsbeschränkung von Automobilen aufgehoben, sodass bereits im Dezember des gleichen Jahres 277 Pkw in Halle (Saale) zugelassen waren; ein Jahr später waren es bereits 640.

Auch die Zulassung der Motorräder stieg unaufhaltsam an. In der Zwischenzeit konnte sich fast jeder tüchtige und sparsame Arbeiter ein automobiles Fahrzeug leisten. Die ersten fünf Jahre der 1920er sollten durch ihren Konjunkturaufschwung als die legendären Goldenen Zwanziger in die Geschichte eingehen.

„Groß, größer“ und „stark, stärker“ lauteten die Mottos; und die Hersteller wetteiferten um immer größere und schnellere Kraftfahrzeuge. Alsbald wurde, ausgelöst durch das Fahren mit rücksichtsloser Geschwindigkeit, eine einheitliche Verkehrszeichenordnung erlassen, um den ständig wachsenden Straßenverkehr zu kontrollieren und Gefahren für die Fußgängerinnen und Fußgänger wie auch für die Fahrer abzuwenden. Der Siegeszug des Automobils war definitiv nicht mehr aufzuhalten. Das hallesche Adressbuch des Jahres 1928 wies bereits 110 Firmen auf, die komplett oder als Zulieferer für die neue Branche arbeiteten.

Die Germania-Maschinenfabrik in der Dessauer Straße 5 und die Firma Otto Kühn entwickelten und stellten verschiedene Mittelklassewagen her, darunter Limousinen, Sport-Roadster oder Cabriolets. Die Firma Otto Kühn beschäftigte alleine über 700 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter und 100 Angestellte. Selbst Fahrschulen verzeichneten Konjunktur, sodass es Ende der 1920er-Jahre bereits neun in der Saalestadt gab. Der Bau der Großgarage Süd und die Tankstelle in der Merseburger Straße zeugen noch heute vom visionären automobilen Aufschwung in der Saalestadt.

Die gleiche Entwicklung wie auf dem Boden begann in den 1920er-Jahren auch in der Luft. Die 1924 stattfindenden Großflugtage auf der Pferderennbahn gelten heute als Auslöser für die Konzeption und Errichtung des Flugplatzes Halle-Nietleben. Zunächst wurde 1925 die Flugverkehr Halle AG gegründet, der im Stadtteil Nietleben ein Bereich zugewiesen wurde, wo ein Flugplatz errichtet werden sollte. Die offizielle Eröffnung fand am 15. August 1925 statt. Ab 1926 wurden mehrere europäische Flugziele bedient. Bereits ein Jahr später wurde der Linienflugbetrieb wieder eingestellt und der Flugplatz ab 1928 als Sportflugplatz genutzt, denn die Neueröffnung des heutigen Flughafens Leipzig/Halle übernahm sämtliche zivile Flugbewegungen. Bereits kurz nach der Eröffnung des Flugplatzes in Nietleben war den halleschen Akteuren bewusst geworden, dass der Flugplatz für den rasant steigenden Personenflugverkehr nicht ausreichen würde. Gemeinsam mit dem Reichsverkehrsministerium, das zu dieser Zeit eine neue Gliederung des Luftraumes anstrebte, wurde ein neuer Flugplatz, direkt zwischen Halle (Saale) und Leipzig, in Schkeuditz, durchgesetzt. Den Flughafen zu planen, übernahm der Direktor der Kunstgewerbeschule Paul Thiersch. Dieser stellte einen modernen, kreisförmigen Flughafen ins Zentrum und entwarf neben dem Flugfeld und dem Hangar auch ein Verwaltungsgebäude. Die Eröffnung des Flughafens Halle/Leipzig fand am 18. April 1927 statt. Im Mai 1931 wurde das moderne und funktionale Flughafenrestaurant eröffnet, das von Hans Wittwer gestaltet worden war. Wittwer leitete seit 1929 die Fachklasse für Architektur und Innenausbau an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein. Der Flughafen Halle/Leipzig nahm im Jahr 1937 mit mehr als 40 Starts am Tag den vierten Platz auf der Rangliste der verkehrsreichsten Flughäfen Deutschlands ein.