Das typische äußere Erscheinungsbild Deutschlands in den 1920er-Jahren lässt sich im Wesentlichen durch den Begriff Modernität fassen. Am deutlichsten war es in den Städten sichtbar, die in den Jahren seit der Jahrhundertwende stetig gewachsen waren. In der Stadt Halle (Saale) lebten beispielsweise im Jahr 1890 knapp 100 000 Einwohner. 1905 waren es bereits 169 000, und im Jahre 1927 wurde erstmals die Marke von 200 000 Menschen übersprungen, die sich in der Großstadt heimisch fühlten und eine neue Schicht urbaner, berufstätiger Bürgerinnen und Bürger herausbildeten: die Angestellten.

Ein nicht unerheblicher Anteil davon waren Frauen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten das Recht auf eine höhere Bildung erkämpft hatten: 1892 die Zulassung zum Abitur, 1900 das Immatrikulationsrecht, 1919 das Wahlrecht und 1920 das Habilitationsrecht. Durch die Umstände des Ersten Weltkrieges in eine zunächst ungewohnte Selbstständigkeit gedrängt, standen sie nun in den vormals männlichen Domänen der Öffentlichkeit und des Berufslebens ihre Frau. Als Berufstätige hatten sie sich zumindest in den Städten auch einen bis dahin unbekannten persönlichen Freiraum in der Freizeitgestaltung erobert. Frauen trieben Sport, gingen ins Kino und trafen sich mit Freundinnen und Freunden in Restaurants und Bars. Dort wurde geraucht, getrunken und Foxtrott, Tango oder Charleston getanzt.

Diesem neuen, unabhängigen Selbstbild entsprechend kleidete sich die moderne Frau auch in Halle (Saale) bewusst modisch und funktional. Ihre Einkäufe erledigte sie ganz selbstbewusst in den Kaufhäusern rund um den halleschen Marktplatz und in der Leipziger Straße. Eine auffällige Neuerung waren auch die Frisuren: Erstmals trugen die Frauen das Haar kurz geschnitten, im Pagenschnitt als Bubikopf oder den noch kürzeren Eton-Haarschnitt. Dazu passten kleine, eng anliegende Hüte. Das modische Vorbild für die deutschen Damen war die Pariser Haute Couture, allen voran Coco Chanel. Das kleine Schwarze, ein neutrales, schwarzes Kleid, das mit unterschiedlichsten Accessoires wie Schmuck, Handtasche, Schminketui und Zigarettenspitze zu fast allen Gelegenheiten tragbar ist, gehört seit dieser Zeit zur unverzichtbaren Grundgarderobe jeder Frau.