Wie am Bauhaus wurden auch an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale) seit 1922 Feste gefeiert. Das erste Schulfest fand als Kostümfest statt, wie der Bildhauer Gustav Weidanz auf einer Postkarte an seinen Bruder berichtete. Nach der Auflösung des Bauhauses in Weimar zog es einen Teil der Lehrenden und Lernenden nicht nach Dessau, sondern auch nach Halle (Saale) an die Burg Giebichenstein, beispielsweise den Bildhauer und Grafiker Gerhard Marcks. Dieser wurde zunächst Leiter der Werkstatt für Plastik und 1928 zum Direktor der Burg berufen. Er bekleidete dieses Amt bis zu seiner Entlassung 1933. Mit ihm kamen Marguerite Friedlaender-Wildenhain und Benita Koch-Otte. Ein wenig später folgten u. a. auch Erich Consemüller, Hans Wittwer und Heinrich Koch.

Nicht zufällig hieß das erste Fest, das Bauhäusler und Studierende der Burg Giebichenstein gemeinsam in Halle am 4. und 5. Dezember 1925 feierten, Neue Sachlichkeit, denn die Neuen vom Bauhaus brachten ihre sachliche Programmatik mit an die Burg. Walter Gropius und László Moholy-Nagy reisten aus Dessau mit einer größeren Schülerschar nach Halle, um gemeinsam mit den Protagonisten der Burg eine Antibürgerlichkeit zu demonstrieren. Bereits die Gestaltung der Einladungskarte signalisierte in Form und Schreibweise den neuen Geist.

Den Höhepunkt des Festes bildete das von Wolfgang Tümpel inszenierte Ballett Homo mechanisatus, das zu Musik und Wort in Revuecharakter gymnastische Vorführungen darbot sowie einen Tanzwettbewerb und eine Modenschau beinhaltete. Tümpel war zuvor Schüler in der Metallklasse am Bauhaus gewesen und besuchte zu der damaligen Zeit die Metallklasse der Burg. Die Darsteller des Balletts waren alles Schülerinnen und Schüler der Burg. Homo mechanisatus sollte eine parodistische, aber auch kritische Replik auf Oskar Schlemmers Werk Das Triadische Ballett sein. Die Choreografie und wichtige formale Stilmittel glichen Elementen des Vorbildes des Bauhauses, jedoch war die Bühne im Gegensatz dreigeteilt in „geräusch“, „bewegung“ und „sprache“ (siehe Abbildung). Die Burgfeste der folgenden Jahre waren deutlich von dem so einzigartigen Fest Neue Sachlichkeit nachhaltig geprägt. Die Röhre am 26. und 27. Februar 1926 lud alle Gäste ein, das Fest durch eine Röhre zu betreten (siehe Abbildung). Ein weiteres Fest folgte bereits im Juni, und im Februar fand unter der Initiative der Malklasse von Erwin Hahs ein Fest mit Kostüm und Schminke statt. Im März 1929 hieß es Keep smiling in den Ateliers der Burg. Bis 1933 folgten jährlich zahlreiche weitere Feste, wobei das Sommerfest Rosamunde im Juni 1931 bereits unter den Maßgaben der Nationalsozialisten stand und seit dieser Zeit nicht mehr so unbeschwert wie zuvor gefeiert werden konnte.

Die Burg und das Bauhaus spielten für die moderne Kunst eine entscheidende Rolle, denn sie kämpften beide für die Befreiung von Kunst und Kunstausbildung aus ihren akademischen Zwängen. Dies gelang beiden Schulen nicht nur über die Vermittlung bildender und angewandter Kunst in all ihren Facetten, sondern auch durch die Lehre in Bewegung, Tanz, Theater, Musik, Raum, Form und Literatur.